Eigenes

Dienstag, 8. März 2005

Nur'n Plan

Mein Plan ist, heute um 18 Uhr zur Praterinsel zu fahren, da macht die Kantine nämlich zu und sie hat Schichtende.
Wenn ich mich nicht täusche, fährt sie einen Golf. Ich platziere mich dann also strategisch in dessen Nähe, am besten wär es, grad nebenan zu parken. Sie wird sicher sehr müde sein, vom vielen Kellnern und vom Abwehren der unehrenhaften Annäherungsversuche böser angetrunkener Männer, die sie alle nicht mag, weil sie doch vom weißen Ritter träumt, der ihr romantisch den Hof macht. Weil ich clever bin wie ein Fuchs, hab ich die Curver-Box dabei, die mir zum Einladen der Geschenke am Ende des Fests mitgegeben worden war. Die will ich jetzt also zurückbringen, da hab ich einen prima Grund. Und deshalb kann ich, wenn ich sie dann treffe, so mit "ach bin ich jetzt zu spät, ich wollte Euch doch noch das hier zurückbringen" in das Gespräch einsteigen. Ich plane, ein wenig ungeschickt mit der Box rumzuhantieren und einen etwas hilflosen Eindruck zumachen, nicht zuviel, nur so dass sie sich überlegt "ach dieser nette Mann, der tut sicher den ganzen Tag große und wichtige Sachen aber im täglichen Leben ist er ein wenig überfordert, da helf ich ihm doch gleich mal". Dann gehen wir also nochmal rein in die Kantine und geben das ab und auf dem Weg werd ich so ganz ungezwungen smalltalk machen, so wie "Das ist vielleicht ein Winter, was?" z.B. oder ähnliches, nur nichts politisches oder so, das weiß man ja, dass das nicht so gut ankommt. Auf dem Rückweg zum Auto sollte sie dann am besten ausrutschen, dann kann ich sie im letzten Moment auffangen und sagen "wenn du mit mir was essen gehst, lass ich Dich nicht fallen" oder was anderes lustiges. Wenn sie dann lacht, dann heisst das ja, dass sie in mich verliebt ist, aber wenn sie mir einen Vogel zeigt, dann ist das vielleicht ein Hinweis darauf, dass sie momentan noch nicht erkannt hat, dass ich ihr weißer Ritter bin und dann werd ich mir was anderes ausdenken, was ich tu. Aber Fallenlassen werd ich sie dann trotzdem nicht, denke ich, es sei denn, sie sagt noch was entmutigendes, so wie "Hilfe, Hände weg!". Dann vielleicht doch.

Sonntag, 6. März 2005

Alles bleibt so wie es ist

Sonntagmorgen vor einer Münchner Bäckerei in Nymphenburg: Ich beobachte eine wohl 40jährige schlanke Frau mit streng zurückgebundenen Haaren beim Wiedereinladen der Kinder in den sehr großen dunklen SUV. Sie trägt Seven-Jeans, Prada-Schuhe, eine weiße Bluse und eine Perlenkette darüber, dezenter Goldring am Finger: Philippa! Hierher! Charlotte, rutsch durch, mach Platz für Maximilian! Und drei kleine hübsche gesunde blondschopfige Kinder, ausgestattet von Lodenfrey Kinderabteilung, krabbeln lachend ins Auto, fahren wie jeden Tag zurück in ihr Haus in der Prinzenstraße, spielen mit den Hunden, grüßen artig den Gärtner, radeln in die Vorzugsschule, werden in 10 Jahren beginnen, ihr herrschaftssicherndes Kreuzchen an jedem Wahltag bei F.D.P. und CSU zu machen. Und in 20 Jahren, als sieggewohnte junge MBA Absolventen, werden sie Witterung aufnehmen, um gleichgesinnte, vor Fruchtbarkeit fast explodiernde Geschlechtspartner zu finden, die für herrschaftssichernden Nachwuchs sorgen werden, damit die Fackel weitergegeben wird, auf dass die Welt immer so bleibt wie sie ist, denn mein Gott, das wäre doch schrecklich, wenn dieses Paradies verloren ginge....

Samstag, 5. März 2005

Audiophil

Gestern rief so eine Call Center-Frau von Kienbaum an, wegen irgendeines, auf mich völlig unpassenden Jobangebots. Das hab ich ihr auch gleich mitgeteilt, dass ich da überhaupt nicht in Frage käme.
Aber sie hatte eine sehr schöne Stimme, ganz samtig und das letzte Wort in jedem Satz hat sie so ganz langsam ausrollen lassen, wie auf einem roten Teppich. Das hab ich ihr gesagt, mitten im Satz hab ich sie unterbrochen. Und sie ist richtig schön aus dem Konzept gekommen und hat gestottert mit ganz vielen süßen kleinen samtigen "ääh's".
Dann entspannte sich folgender Dialog:
"Naja also ich interessiere mich sehr für die Stelle"
"Aber eben haben Sie doch das gegenteil gesagt!"
"Geben Sie mir Ihre Nummer? Ich überlege nochmal wegen der Stelle und rufe dann zurück"
-kurzes Schweigen am anderen Hörer mit Denkgeräuschen-
"Die Stelle ist für einen Projektmanager. Das hat ja tatsächlich ziemlich wenig mit dem zu tun, was Sie momentan beruflich machen, das scheint nicht zu passen"
"Ich glaub das auch"
"Warum wollen Sie dann meine Nummer?" (das kam schnell und hörte sich etwas herausgerutscht an)
-taktisches Schweigen meinerseits-
"ähm" (nicht ganz so samtig, wie sie es eigentlich könnte) und dann
"0211/3........"
"Dankeschön"
-nochmal kurze, knisternde Pause-
"Gut, dann also, Sie melden sich nochmal?" (sehr samtig aber ohne Ausrollen am Ende, sondern eher so, als ob sie sich nach der letzten Silbe auf die zunge gebissen und 'wie blöd hab ich das denn grad betont' gedacht hat)
"Bestimmt"
-Schlußgrußformelaustausch-

Die nächsten zwanzig Minuten war ich verliebt.

Dann stellte ich mir vor, dass diese Stimme zu einer 150 kg Dame mit Nasenhaaren gehörte und ich erinnerte mich an meinen guten Freund U., der mal im Studium tagelang einen Telefonflirt veranstaltet hat und die Frau dann bei einer Party zum erstenmal getroffen hat.
Seine ersten Worte waren: "Ach, ich hab mir Dich ganz anders vorgestellt, Du hast so eine hübsche Stimme!". Es waren auch die letzten und ich kann verstehen, warum er selbst heute noch vor Peinlichkeit Gänsehaut bekommt, wenn ihn jemand drauf anspricht.

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