Dienstag, 21. November 2017

Finis Jamaica

Deinhoff sagt: Kommt meine Frau zu mir und hält mir einen TED Talk über TShirts vors Gesicht: Wasserverbrauch! Ausbeutung! Chemikalien! Im Namen der Gerechtigkeit und der Gesundheit: Kauf weniger TShirts und trag sie zweimal, bevor Du sie wieder wäschst!

Halt ich ein Schild hoch: Im Namen der Freiheit! Ich wasche trotzdem nach einmaligem Tragen, denn ich will nicht stinkig ins Büro!

Luhmann meinte das wohl, als er von der Notwendigkeit und Unverzichtbarkeit von Normen bei gleichzeitiger Kontingenz sprach.
Und das ganz aktuelle Problem, dass Parteien heute nur Schilder mit "Wertelisten" hochhalten, statt sich mit dem eigentlichen Problem, nämlich der politischen Lösung von Wertekonflikten zu befassen, das hat er bei der Gelegenheit (vor fast 25 Jahren) auch glasklar benannt.
Womit wir bei Jamaika wären und zumindest einen Grund schon herausgepult hätten, warum das so kam. Niemandem könne vorgeworfen werden, zu seinen Prinzipien zu stehen, so Lindner. Eben doch, denn zu den Prinzipen stehen (aka Schilder mit Wertelisten hochhalten, z.B. Digitalisierung first, Bedenken second oder Löhne rauf, Mieten runter oder Bienenschutzbekenntnisse a la KGE oder beliebige andere), das ist noch keine Politik, danach fängt Politik erst an. Es sei denn, man versteht sich nicht als Partei, sondern als Moralische Instanz. Rinks wie Lechts. Dabei wäre es hochinteressant, von der FDP erklärt zu bekommen, wie sie den drohenden Widerspruch zwischen Digitalisierung und Freiheit des Individuums und der Wirtschaft (s. Jack Ma's Einlassung zum Thema Digitalisierung und Planwirtschaft) auflösen will. Und von den Linken, ob sie alternativ zur Enteignung noch andere und besser mit unserer freiheitlichen Rechts- und Gesellschaftsordnung vereinbare Methoden zur großflächigen Umverteilung kennt. Ganz zu schweigen von der Frage, wie das Bienen-, Vogel- und Schmetterlingsrecht ohne Diskriminierung der lobbylosen Tierarten umgesetzt werden kann.

Donnerstag, 16. November 2017

Gomringer/Neruda - Avenidas/Los veinte poemas

Eugen Gomringer:

avenidas
avenidas y flores

flores
flores y mujeres

avenidas
avenidas y mujeres

avenidas y flores y mujeres y
un admirador

Deutsch:

Alleen
Alleen und Blumen

Blumen
Blumen und Frauen

Alleen
Alleen und Frauen

Alleen und Blumen und Frauen und
ein Bewunderer

(ca. 1953)



Pablo Neruda:


Los veinte poemas

1

Cuerpo de mujer, blancas colinas, muslos blancos, te pareces al mundo en tu actitud de entrega.
Mi cuerpo de labriego salvaje te socava
y hace saltar el hijo del fondo de la tierra.
[...]

Deutsch:
Die zwanzig Gedichte

1

Leib eines Weibes, weiße Hügel, weißblanke Schenkel,
du gleichst der Welt, so weit und willig, wie du dich hingibst. Mein wilder Bauernkörper durchgräbt dich, unterhöhlt dich und läßt das Kind entspringen aus der Tiefe der Erde.
[...]
Ca. 1925

Samstag, 4. November 2017

Liebes SPON: Es ist genau dieses Überdrehen, das jetzt aufhören muss

SPON lässt einen Autor einen Beitrag schreiben, der sprachlos macht. Sprachlos aufgrund des Inhaltes und der Wortwahl.
Der Beitrag behandelt die Frage, ernsthaft, ob man Filme, die von Weinstein produziert oder von Woody Allen gemacht oder von Polanski gedreht wurden, noch anschauen darf. Selbst wenn man berücksichtigt, dass SPON auf dem Boulevardometer inzwischen eine 8.5 von 10 erreicht hat, selbst dann sucht man noch die ersten fünf Minuten hektisch nach Hinweisen auf Satireabsicht: im, unter und neben dem Artikel. Aber nüscht.
Faktencheck: Woody Allen wurde niemals wegen sexueller Belästigung verurteilt, nicht mal angeklagt. Harvey Weinstein bis heute ebenso. Polanski war der Einzige der Drei, der verurteilt wurde.
Keiner, einer, zwei. Selbst wenn alle drei verurteilt worden wären, was um alles in der Welt reitet den Autor, sich dermaßen totalitaristisch zu äußern?
Platon hat gelegentliche sexuelle Kontakte zwischen Männern und Knaben gutgeheißen, Marx seine Frau miesest behandelt und Walt Whitmans rassistische Äußerungen sind belegt. Sollen wir ihre Bücher verbrennen?
Das ist alles so dermaßen ekelhaft und blödsinnig. Und dann die Wortwahl. Er schreibt tatsächlich, dass Polanskis Filme einem filmischen Weltkulturerbe angehören, "das öffentlich zugänglich sein muss". Als ob da "Mein Kampf" verhandelt wird. Also ob da ernsthaft erwogen wird, Bücher von solchen Autoren zu verbieten und aus dem Verkehr zu ziehen!
Noch schlimmer: "Schwer vorstellbar jedenfalls, dass man eine neuen Woody-Allen-Film jetzt immer noch sieht, ohne an die Anschuldigungen zu denken". Was? Ohne an die haltlosen (s.o.) Anschuldigungen zu denken? JA NATÜRLICH OHNE DARAN ZU DENKEN. WAS DENN SONST?
Zukunft: Nichts wird mehr getrennt betrachtet. Moral nicht von politischem Handeln, Kunst nicht vom moralischen Status des Künstlers. Hallo Pol Pot.
Meine Güte, es muss sich bitte das Ganze unbedingt doch noch als Satire herausstellen.

Freitag, 20. Oktober 2017

Nein, Spiegel Online.

Wie bitte?
"Wenn Kotzbrocken wie Harvey Weinstein öffentlich als Vergewaltiger bezichtigt werden, macht das die Welt sicherlich ein bisschen besser" ?
Warum? Inwiefern? Jemanden einer Vergewaltigung lediglich zu bezichtigen -also ohne Beweise dafür beizubringen- und das auch noch öffentlich - also nicht bei Behörden sondern über die Medien- macht die Welt besser? Einer Vergewaltigung wohlgemerkt - was nach deutschem Strafrecht einen besonders schweren Fall sexueller Nötigung darstellt. Zum Tatbestand der sexuellen Nötigung - so lese ich - gehört zwingend die Anwendung von Gewalt oder die Drohung mit vom Nötiger tatsächlich oder vorgeblich beinflussbarem Übel. Vergewaltigung liegt vor, wenn es in dieser Situation zum Beischlaf kommt oder zu in besonderem Maße das Opfer erniedrigenden sexuellen Handlungen.
Puh. Ich bin kein Jurist.
Das Ganze (die Frage, ob es sich im Fall Weinstein um eine - oder mehrere - Vergewaltigungen handelte) scheint mir aber angesichts solcher Spezifikationen jedenfalls hinreichend komplex und einer ordentlicher gerichtlichen Untersuchung zu bedürfen.
Die gabs aber noch nicht oder läuft noch. Egal, sagt die Autorin: Unbewiesene Behauptungen in Fällen wie dem von Weinstein in die Öffentlichkeit zu bringen, macht die Welt trotzdem besser. Das erschließt sich mir nicht, das halte ich für falsch. Und gefährlich.
Und hat nichts damit zu tun das HW offensichtlich viele verurteilenswerte und möglicherweise strafbare Dinge getan hat. Aber es explizit gutzuheissen, dass etwas öffentlich behauptet wird, bevor der Beweis erbracht ist, noch schlimmer, Menschen implizit zu ermuntern, es genauso zu tun ("macht die Welt sicherlich ein bisschen besser") das ist im Grunde das Verhalten eines Mobs.

Mittwoch, 4. Oktober 2017

Volksentscheid - Ergänzung

Sehr gut als Entgegnung auf die Dauererregten der "Direkte Demokratie"-Bewegung, die immer wieder die Schweiz (gähn) als Vorbild anführen:
Das kurze Interview mit H A Winkler in der NZZ.
Wir haben im Gegensatz zu CH keine Konkordanzregierungen, wir haben das Misstrauensvotum, wir haben sowas wie den Schweizerischen Bundesrat nicht - wir haben schlicht ein anderes Regierungssystem.
Außerdem sehr schön an diesem Interview: Die Erklärung, warum die Deutschen so moralbesessen sind - nämlich weil sie schwachsinnigerweise denken, sie könnten damit ihren Ruf als Schreckensnation endgültig wieder los werden. Typsch deutsches Strebertum: erst wollen wir die weltbesten Unanständigen sein, dann die weltbesten Anständigen. Wir können nur entweder oder. Total digital. Deshalb wäre Deutschland eigentlich auch so weltbestgeeignet als Informatik-Standort. Doof nur, dass Digideutschland sowas wie IT und AI längst in die Schublade Unanständig geworfen hat. Gab ja nur Anständig als Alternative. Und anständig kann das ja nicht sein wegen Google! Uber! Elon Musk! und überhaupt: Amerika!

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Zuletzt aktualisiert: 7. Dez, 10:53

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