Samstag, 2. Dezember 2006

Zum Allerallerletzten mal was über die 80er.

Als junger Student erschien mir das Grübeln über das andere Geschlecht und das eigene, gar nicht störungsfreie Verhältnis dazu wegen der großen Nähe zum eigenen Leben weitaus reizvoller als Volkswirtschaft. Homo oeconomicus. Son Schwachsinn, als Prämisse für alle Standard-Theorien den vollkommen rationalen Akteur in einem ausschließlich gewinnmaximierenden System anzunehmen. Man nehme einen vollkommenden Markt und das allwissende, gewinnmaximierende Wirtschaftssubjekt, füge dann Zug um Zug Störeinflüsse hinzu und untersuche die Reaktionen des Marktes und der darin handelnden Akteure, allesamt wie ferngesteuert darauf ausgerichtet, wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Hirnrissig.
In den 80ern war das. Das war nach Punk und vor der Spaßgesellschaft. Was bleibt einem da schon übrig? Also wurden wir zu Zynikern, mit Ironie als Waffe im Handgepäck. Harald Schmidt haben wir locker vorweggenommen. Aber natürlich haben wir ihn dann, 1988, als er bei MAZ ab! anfing, sofort geliebt.
Wir haben die Antiatomkraftdemonstranten ausgelacht und die Popper auch. NICH irgendwo dazuzugehören - vollkommene Individualität- war das erklärte Endziel. Ironie das wirksamste Mittel. Abgrenzung nach allen Seiten. Weil man aber nicht gar nichts gut finden kann, hörten wir britischen Zitatpop, der niemals weit oben in den deutschen Charts landete. Von Arbeiterkindern, die den Glamour für sich beanspruchten. Pop-Dandies wie Paul Weller, ABC, Haircut One Hundred. Kleine Songtextschnipsel schrieben wir über jeden Liebes-Brief.
Die literarische Unterfütterung erhielten wir durch Zeitschriften wie SOUNDS, THE FACE und der ebenfalls englischen SMASH HITS (das die "Lyrics" lieferte, unentbehrlich in der Vorgoogle-Ära).
In SOUNDS hat Kid P. geschrieben, der erste Popliterat, der eigentlich Andreas Banaski hieß. Wenn er von einem Konzert berichtete, schrieb er gar nix über die Band und die Lieder, sondern nur über die Frau, die er da entdeckte und angeschmachtet hat, die vergeblichen Annäherungsversuche und die Frustration darob. Und dann wieder reflektierte er darüber, ob Andreas Dorau keine Orangen schälen konnte oder doch. Liebe und Sex waren jedenfalls am unverdächtigsten von allen Lebensdingen. Deshalb stürzten wir uns drauf. Mit großer Pose, immer mit Tagebuch bewaffnet, triefend selbstmitleidig aber mit ironisch selbstreflexiver Brechung. Natürlich. Könnte ja mal jemand zufällig oder absichtlich lesen, daran musste man denken. Haltung ist alles!
Ich hab GAR keine Klassiker gelesen damals. Das war zu ernst, zu ironiefrei, zu weit weg.
Wir lasen die Neue Frankfurter Schule. Und ab 1985 alles von Joseph von Westphalen, der war polemisch, ätzend und zum Totlachen. Und dann "100 Zeilen Hass", die Kolumne von Maxim Biller. Wir waren zu 50% so, wie es dann Christian Kracht viel später in Faserland beschrieben hat. Aber wir hatten weniger Geld und waren weniger verzweifelt.

Samstag, 18. November 2006

Der Maler Jan Massys und seine Flora

Alle Frauengesichter, die er gemalt hat, sehen seltsam ähnlich aus. Das hat auch einen Grund. Denn er war ganz, ganz lange sehr, sehr verliebt in eine bildhübsche Genueserin, die hieß Flora Gelosi. Sie war Schauspielerin und sie muss wirklich ungeheuer schön gewesen sein und er wirklich sehr verliebt. Dramatisch verliebt. Und selbstredend unglücklich, denn er war ein ziemlich armer Künstler, in prekären Lebensumständen quasi, wogegen sie mit einem reichen Kaufmann liiert war. Von dem konnte ich kein Bild und keinen Namen recherchieren, aber ganz sicher ist er fettleibig, warzig, rotgesichtig und 20 Jahre älter als sie gewesen. Eine reine Versorgungsbeziehung also, da scheint die gute Flora recht unschwärmerisch veranlagt gewesen zu sein.
Judithjudith, Venus, Lots Tochterlotdaugh. Immer wieder Flora. Die schönste Flora ist seine Bathseba:

Bathseba-Jan-Massys

Armer Jan. Mehr als eine Äffäre hat er nie mit ihr hingekriegt.Irgendwann später hat er sich auch umgebracht. Drama eben. Und der Bezug zu Batseba: Vielleicht hat er sich ja gefühlt wie der arme Urija, der ja eigentlich mit Batseba zusammen war, jedenfalls bis David, der König von Juda, die Schöne gesehen hatte. So ein King, zumal einer mit flaviobriatorinischer Libido, riecht da einfach mehr nach Abenteuer, Shoppingorgien und dem Ende aller Altersvorsorgeprobleme als andere. Das war vor 500 Jahren auch nicht anders als heute.

Freitag, 6. Oktober 2006

Supatopcheckerpedia

Ich bin mir nicht sicher aber könnte es sein, dass die Beiträge bei Wikipedia jetzt vom Supatopcheckerbunny geschrieben werden? Bitteschön:
"Reife im Körper führt zu einem Interesse an der Sexualität und sexueller Betätigung. Manchmal führt das zu Jugendschwangerschaft. Da Jugendliche möglicherweise nicht emotional oder finanziell fähig sind, Kinder in die Welt zu setzen, gilt dieses oftmals als problematisch."
Tschüß!

Mittwoch, 6. September 2006

Berlin Ostbahnhof

Berlin macht es einem schwer, es zu lieben, wenn man das Pech hat, den Wagen am Ostbahnhof abgestellt zu haben. Mach ich oft so, mit dem Zug von Berlin Ost nach Frankfurt Main ist unschlagbar schnell. Dann von Frankfurt weiter nach München mit dem Zug geht auch noch, naja. Dann zurück mit Germanwings von München nach Schönefeld und mit dem Airportexpress wieder zum Ostbahnhof, zum Wagen eben, den brauch man ja. Das nervt schon. Schönefeld ist 10 Minuten von meiner Berliner Wohnung entfernt, der Ostbahnhof zwanzig, und zwar in die andere Richtung. Dann heisst das: von München aus um 18.50 mit Bus und S Bahn zum Flughafen, Flug um 20.40 ab FJS, Ankunft Schönefeld 21.50, Abfahrt airportxpress 22.31 (!) Ankunft Ostbahnhof 22.47.
Und dann runter ins Souterrain und... es stinkt. Es stinkt so gottserbärmlich nach massenhaft altem, zu lange unter kaputten Nieren und Lebern gelitten habenden Urin. Im Souterrain und in der überdachten Parkgaragenvorhalle suchen die Obdachlosen und die anderweitig Verlorenen Schutz. Man will ja auch nicht, dass sie vertrieben werden. Wie wär es mal mit öffentlichen Toiletten an den RICHTIGEN Stellen? Kann man doch erriechen, wo dramatische Angebotsknappheit herrscht. Unverständlich! Berliner Duft. Hilft nix, also Nase zu und durchkämpfen zum Auto, um festzustellen, dass durch eine Lücke im Betondach Tauben pfundweise Dreck auf den Lack und das Glas geschleudert haben. Und selbst der Taubendreck stinkt hier penetranter. Und geht schlechter weg. Und überhaupt.
Nachmittags noch am Nymphenburger Schloß in München die Nase in die Blumenrabatten gesteckt ... und abends das.
Ankunft Berliner Wohnung 23.15. Kein Bier da. Dafür kann aber Berlin nix.

Mittwoch, 30. August 2006

www.KeinQuasselnImFlugzeug.de

So. jetzt isses passiert. Ryanair ist die erste Airline, die Handybenutzung
während des Flugs erlaubt und alle, alle werden folgen.
Vorbei die herrlichen Zeiten der Nichterreichbarkeit ohne schlechtes Gewissen, vorbei die Freude auf eineinhalb Stunden ungestörten Schmökerns, Passagierebeobachtens oder Schlafens während der Arbeitszeit. Adé, Freiheit, hallo Telkos über den Wolken. Wer braucht das denn? Kein Mensch. Statt mehr arbeitsfreie Zeiten zu schaffen, schaufeln wir uns die letzten Lücken zu. Wem hilft das? Niemand außer den Besitzern von Netzbetreiberaktien. Wer will das? Ich jedenfalls nicht. Und ich bin doch nicht allein mit dieser Meinung oder? Das kann doch nicht sein! Unmöglich!
Ich erwarte ein Welle des Protests! Einen Aufschrei! Sturm brich los! Nu mach schon!!
Ich will Aktionen! Sonst muss ich am Ende die Webseite im Titel oben wirklich ins Leben rufen.

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Zuletzt aktualisiert: 7. Dez, 10:53

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